Pionierarbeit für Europa
Bad Staffelstein/Lichtenfels – Lichtenfels wird der erste Standort 2025 in Europa sein, an dem Natrium-Ionen-Batterien produziert werden. Die Firma Moll investiert in Schney 80 Millionen Euro, um eine industrielle Fertigung mit einer Kapazität von einem GWh hochzuziehen. Zunächst entstehen 120 Arbeitsplätze. Läuft alles nach Plan, könnte die Belegschaft später um weitere 500 Personen wachsen. Es ist auch ein erster Schritt, sich unabhängig von asiatischen Zulieferern zu machen. Bislang dominieren die aktuell vor allem im Bereich Lithium-Ionen-Batterien.
Abhängigkeit von Asien verringern
„Für uns ist das die Chance, beim Hochlauf einer neuen Batterie-Technologie mit dabei zu sein. Wir kennen keinen anderen Hersteller in Europa, der solche Pläne hat", sagt Peter Urban aus der Geschäftsführung von Moll. Der Batteriehersteller mit seinem Stammwerk in Bad Staffelstein produziert jährlich rund 1,4 Millionen herkömmliche Blei-Batterien vor allem für Autos und beschäftigt 230 Personen. Abnehmer sind Hersteller, vor allem der VW-Konzern. Daneben beliefert man auch den Ersatzteilhandel. Die Produktion läuft aktuell am Anschlag, die Batterien rollen praktisch direkt auf die Paletten der Lastwagen.
Weiter Investitionen im Stammwerk
Doch ist das die Zukunft? Bei Moll kann man die Frage gleichzeitig mit Ja und Nein beantworten. Bleibatterien für Autos werden noch Jahrzehnte gebraucht werden, zudem ist man bei Moll dabei, auch diese Technologie ständig weiterzuentwickeln. Ein Schwerpunkt sind Batterien für heiße Länder. Die Klimabedingungen setzen den Batterien hier besonders zu. „Das führt zu deutlich verkürzter Lebensdauer. Moll hat bereits entsprechende Produkte im Portfolio", sagt Klaus Eichhorn aus der Moll Geschäftsführung. Vor kurzem kam ein Entwicklungsauftrag aus der Autobranche hinzu, um noch hier weitere Fortschritte zu erreichen. Zudem investiert man weiter im Werk Bad Staffelstein. Aktuell wird eine automatische Eintaschmaschine für die Bleiplatten hochgefahren, die eine deutliche Produktionssteigerung auf bestehender Fläche möglich machen wird. Allein hier wurden rund 2,6 Millionen Euro investiert.
Die Fabrik in Schney dagegen öffnet ein völlig neues Kapitel für das Unternehmen: Es wird nicht nur eine andere Technologie sein, sondern auch zunächst eine ganz andere Zielgruppen geben.
Ein wichtiges Einsatzgebiet werden dezentrale Pufferspeicher in Containerbauweise bilden, die überschüssige Energie aus Windkraft, Solarzellen und Wasserkraft aufnehmen. Bei Bedarf speisen sie den Strom wieder ins Netz ein, und das lokal, so dass auch ein Transport über längere Leitungen entfällt. Gleichzeitig sorgen sie auch dafür, dass das Stromnetz insgesamt stabilisiert wird.
Vorsprung schnell aufholen
Einen Vorsprung haben die asiatischen Mitbewerber noch. Der Autohersteller BYD etwa hat bereits Mitte 2023 einen Kleinwagen vorgestellt, der mit Natrium-Ionen-Batterien zu kaufen ist. Alternativ kommen auch teurere Lithium-Eisenphosphat-Batterien zum Einsatz, die eine höhere Energiedichte besitzen. Doch auch dieser Batterie-Typ liegt in der Speicherkapazität unter den noch einmal teureren Lithium-Ionen-Akkus, wie sie aktuell die Elektroautos in Europa besitzen. Nur für kleine Fahrzeuge mit geringer Reichweite sind die günstigen Akkus eine Option.
Peter Urban sieht momentan den Einsatzschwerpunkt von Natrium-Ionen-Batterien aber nicht im Bereich der Automobilfertigung: „Die Energiedichte wird sich aber durch Weiterentwicklungen sicher noch erhöhen."
Der Fertigungsvorsprung der Asiaten bereitet ihm keine Sorgen: „Ich denke da an Firmen wie Toyota. Dort hat man auch nicht als Erster mit einer Autoproduktion begonnen, ist aber heute weltweit Hersteller Nummer 1 und baut sehr gute Fahrzeuge."
Hofmann-Werk wird übernommen
Was Moll optimistisch macht, sind drei Punkte: Moll steht in Schney ein modernes, leer stehendes Werk mit 10.000 Quadratmetern Fertigungsfläche und 5500 Quadratmetern Büroräumen zur Verfügung. Die Firma Werkzeugbau Hofmann hatte es erst im Jahr 2019 gebaut und 2021 eingeweiht. Die Planungen stammten noch aus der Zeit vor der Corona-Krise. Doch der Wandel unter anderem in der Automobilbranche macht dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung. Erst Ende Januar hatte Hofmann angekündigt, 50 der 330 Mitarbeiter entlassen zu müssen und die Produktion komplett ins nur wenige Hundert Meter entfernt Stammwerk zurückzuverlegen. Nur so kann man die Umsatzrückgänge auffangen. Nur wenig zuvor, im November, war der erste Kontakt zwischen Hofmann und Moll entstanden. „Wir wurden uns schnell handelseinig", sagt Urban. Aktuell laufen auch Übernahmegespräche für Mitarbeiter, die bei Hofmann ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Der zweite Punkt ist die Fertigung: „Im Prinzip ist die Technologie erprobt", sagt Urban. Die Maschinen seien ähnlich aufgebaut wie bei einer Lithium-Ionen-Produktion. „Der große Unterschied ist die Chemie, insbesondere dass Natrium anstatt Lithium verarbeitet wird", sagt Klaus Eichhorn.
Rohstoffe gut verfügbar
Der dritte Punkt sind Rohstoffe, Preise und Weiterentwicklung: Natrium ist in Deutschland in großen Mengen und kostengünstig verfügbar, etwa in Form von Natriumchlorid, also Kochsalz. Lithium ist selten, und wird teilweise unter ethisch fragwürdigen Bedingungen abgebaut. Schon jetzt sind die Herstellungskosten für Natrium-Ionen-Batterien bis zu 40 Prozent geringer als für Lithium-Batterien und sie sind besser recycelbar. Zudem ist die Brandgefahr deutlich geringer.
Moll steht unter anderem mit der Uni Erlangen oder dem Bayerischen Zentrum für Batterietechnik an der Uni Bayreuth in Kontakt über eine Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung. Die Gebäude in Schney bieten mit den großzügigen Flächen viele Optionen.
Erweiterungsmöglichkeiten in Schney
Wenn die Produktion in Schney etwa Mitte des Jahres 2025 langsam hochgefahren wird, peilt man eine jährliche Kapazität von einem GWh an. Bereits 2026/27 könnte sich die Kapazität auf fünf GWh erhöhen. Damit sei man global gesehen immer noch ein kleiner Player, sagt Urban.
Doch es gäbe Erweiterungsflächen in Schney – und vor allem überlasse man diese Technologie nun nicht mehr nur den asiatischen Mitbewerbern.